WALK WITH ME
Bewegungslabor mit Daniela Georgieva
Ein Projekt im Rahmen von tanz.exchange - wissenstransfer.tanz.vermittlung.
2.1 Förderschule Paul-Kraemer Köln (Förderschule für Autisten)
Begleitet hat mich Anja Hild vom Museumsdienst des Museum Ludwig, die auch den Kontakt zu der Lehrerin Heike Seckinger herstellte.
Ich durfte das Bewegungslabor in zwei altersgemischten Klassen durchführen und dafür den Schulwald und den Innenhof nutzen. Beide Workshops baute ich so auf, dass ich zuerst mit allen Schüler*innen im Kreis saß und wir einander vorgestellt haben. Die Betreuer*innen und Lehrer*innen nahmen auch teil. Um die Kinder in und zur Bewegung zu bringen habe ich die Verwendung einfacher graphischer Mittel in der Körperarbeit vermittelt, z.B. wie eine Linie durch den Körper wandert. Die Kinder beteiligten sich, indem sie zeichneten, selbst einander vortanzten oder miteinander tanzten. Mir war es als Ergebnis wichtig, dass jedes Kind in seiner eigenen Bewegung gesehen und von der Gruppe reflektiert wurde. Jedes Kind hatte eine besondere eigene Art, sich mit der Bewegung auseinanderzusetzen und sich ihr anzunähern. Im Feedback-Gespräch mit den Lehrer*innen zeigten sich diese als sehr positiv angetan. Da der emotionale Zustand bei den Schüler*innen anscheinend sehr schwankt und Kooperation mit ihnen stark variieren kann, hat es mich sehr gefreut, zu hören, wie aufmerksam sie teilgenommen haben.
2.4. Recherche-und Residenz-Arbeit
Die Workshops des Bewegungslabors habe ich parallel in einer Residenz im Quartier am Hafen gemeinsam mit David Kummer entwickelt. Mir war es ein Anliegen, zusätzlich mit Fine Simonsen und Kilian Löderbusch zu arbeiten, da ich diese zwei sehr jungen Tänzer*innen, die erst nächstes Jahr Abschluss machen, sehr spannend finde. Ich wollte meine choreografische Praxis mit zwei Profis teilen, die meine Arbeit nicht kennen. So konnte ich in diesem Prozess das Vermitteln an "fremden Körpern" erproben und herausfinden, wie sich meine Sprache verändert, wenn ich Profis oder Laien choreografische Anleitungen gebe. Es kristallisierten sich ähnliche Fragen heraus: wie benutze ich die Wände; arbeite ich mehr mit dem Raum als Raum / mit dem anderen Körper im Raum; Wie fokussiert bin ich auf das Gehen, auf die Bewegung der Beine und Füße; was brauche ich, um zum Gehen zu kommen, um es als einen eigenen tänzerischen Ansatz zu begreifen. Für mich war es ein Teilen der Vermittlungspraxis, aber auch der Beginn einer eventuellen Zusammenarbeit.
3. REFLEKTION
3.1. Perspektive Daniela Georgieva
Rückblickend war es für mich sehr gut, dass David Kummer als Spiegel meiner Sprache und Bewegung die Workshops konstant begleitet hat. Ebenso wichtig war es, dass wir davor Zeit hatten, das Bewegungslabor im Quartier am Hafen – sowohl im Studio als auch im urbanen Raum – zu entwickeln, mit Bewegungselementen zu spielen und auszuprobieren. Es hat für mich als Anleitende gut funktioniert, die Teilnehmer*innen zu fordern, in dem ich sie z.B. bat, sich auf den Boden des Museums zulegen, Schuhe auszuziehen, die Wände anzufassen, sich frei performativ zu bewegen. In Zukunft würde ich vor dem Workshop darauf aufmerksam machen, dass man, wenn man sich nicht darauf einlassen kann, den Raum verlassen könne, um die Gruppe nicht zu stören. Je nach Raumsituation würde ich mehr Zeit benötigen, um mit den Teilnehmer*innen allein oder in Gruppen zu arbeiten.
4. AUSBLICK
Das Dokumentationsmaterial in Form von Zeichnungen, Notizen und Bildern wird in mein digitales Judson Dance Archive eingearbeitet und online verfügbar sein.
Ich möchte mich weiterhin auf das Gehen als entscheidendes Element konzentrieren und als Ausgangspunkt meiner Bewegungssprache nutzen. In meiner choreografischen Arbeit soll es immer wieder auftauchen, so dass daraus neue tänzerische Elemente entstehen können. Es war für mich besonders, in Köln an diesen verschiedenen interessanten Orten sein zu können und neue Kontakte zu knüpfen. In der Zukunft würde ich gerne mit verschiedenen Tänzer*innen, die an den Workshops teilgenommen haben, ein Projekt entwickeln und in Köln zur Aufführung bringen.
QUIXOTIC ESSENCE OF A BREATH OF MOVEMENT / 1X3
Daniela Georgieva
Opening: 27th of February 2021, 5 – 10 PM
Duration: 28th of February – 28th of March 2021
Concept and choreography: Daniela Georgieva
Choreography and performance: Hugo Le Brigand, Alexandra Knieps, David Kummer, Clara Marie Müller, Sophia Seiss
Sound: Klinkhammer
Costumes: Judith Schroiff
Curator: Vanessa Joan Müller
Artistic direction: Maurice Funken
Der NAK Neuer Aachener Kunstverein freut sich mit quixotic essence of a breath of movement / 1×3 die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin Daniela Georgieva präsentieren zu dürfen.
Performative Format in institutionellen Räumen der Kunst verschieben den Fokus auf das “live” vor Ort zu Erlebende, die Konzentration auf die Präsenz sich bewegender Körper im Raum und das unabdingbar Vergängliche des Ereignisses. Was aber bedeutet es für eine Choreografie, das Format einer Ausstellung anzunehmen? Diese Frage ist der Ausgangs- punkt für Daniela Georgievas Projekt quixotic essence of a breath of movement / 1×3, das intensiv auf die radikal unterschiedlichen zeitlichen, räumlichen und Wahrnehmungsbedingungen eines institutionellen Raumes eingeht. Geogieva entwickelt eine performative Struktur für die Räume des NAK, die diese auch als Ausstellung, die der Öffentlichkeit zugänglich ist und während der regulären Öffnungszeiten stattfindet, überdenkt. Die in der Performance verdichtete Zeit wird zu einer neuen Form von Dauer, der Raum ein Raum der Begegnung.
Schon seit einiger Zeit setzt sich Daniela Georgieva intensiv mit dem Judson Dance Theater auseinander, einem in den 1960er Jahren in New York gegründeten Zusammenschluss von Tänzer_innen, Choreograf_innen, bildenden Künstler_innen, Komponist_innen und Filmemacher_innen, der neu definierte, was alles als Tanz gelten kann. Die Performances des Judson Dance Theater umfassten alltägliche Bewegungen und Gesten, griffen die Strukturen von Spielen, einfachen Aufgaben und sozialen Interaktionen auf. Spontanität und unkonventionelle Kompositionsmethoden wurden betont. Mit seinem gattungsübergreifenden Ansatz, der sich als körperliche Annäherung und physische Erfahrung von Kunst, Tanz und Minimal Music versteht, prägte das Judson Dance Theater jenen „fluiden” Ansatz, der für unser gegenwärtiges Verständnis von Performancekunst wesentlich ist. Daniela Georgieva interessiert die aus dem Alltag abgeleitete, auf Improvisation basierte Bewegung als Streben nach Freiheit und Vielfalt in einem Tanz, der „gängige” Bewegungsmustern bewusst macht. Sie entwickelt die minimale Erzählsprache, die mit dem Judson Dance assoziiert wird, in ihrer eigenen tänzerisch-choreografischen Arbeit weitere und setzt den Fokus verstärkt auf die Relationalität von Körper und Raum. Dem Herantasten des Körpers an seine Umgebung korrespondieren andere Elemente wie Objekte, Licht, Klang und Stimme. Auch Collage, Fragmentierung, locker strukturierte Partituren, Zufall und Spontaneität charakterisieren quixotic essence of an breath of movement / 1×3. “1″ steht dabei für den Körper, “x” ist der Raum, und “3″ sind Objekt, Musik und Sprache. “x” meint aber auch den Ort des Zusammentreffens aller Elemente.
Drei Tänzerinnen und drei Tänzer interpretieren Bewegungsmuster des Gehens, Springens und der Begegnung. Ihre immer wieder leicht anders gestaltete Performance ist während der Öffnungszeiten des NAK in Intervallen zu sehen. Zeichnungen der Partituren und Videoaufnahmen des Entstehungsprozesses, aber auch des “finalen” Stückes verstehen sich parallel als Einladung an das Publikum, selbst die eigene Bewegung performativ zu erkunden. Die Frage nach der medialen Transkription des Tänzerisch-Performativen steht ebenso im Raum: Was passiert jenseits der jeweils aktuell sichtbaren “Vorführung”, welche Resonanzen erzeugt das Performative im Raum und wie lässt sich es sich dokumentieren?
quixotic essence of a breath of movement / 1×3 entfaltet ein Spannungsfeld zwischen choreografierter und alltäglicher Bewegung, zwischen Subjekt und Objekt, Zuschauer_innen und Teilnehmer_innen, das auf produktive Weise Erwartungen und Zuschreibungen unterläuft, um letztlich vor allem die Sensibilität und Selbstreflexion der Betrachter_innen zu aktivieren.
NAK Neuer Aachener Kunstverein is pleased to present quixotic essence of a breath of movement / 1×3, the first institutional solo exhibition of the artist Daniela Georgieva.
Performative formats in institutional spaces of art shift the focus to what can be experienced “live” on site, the concentration on the presence of moving bodies in space and the indispensable transience of the event. But what does it mean for a choreography to adopt the format of an exhibition? This question is the starting point for Daniela Georgieva’s project quixotic essence of a breath of movement / 1×3, which deals intensively with the radically different temporal, spatial and perceptual conditions of an institutional space. Geogieva develops a performative structure for the rooms of NAK, which also rethinks it as an exhibition open to the public during regular opening hours. The time condensed in the performance becomes a new form of duration, the space a space of encounter.
For some time now, Daniela Georgieva has been intensively engaged with the Judson Dance Theater, an association of dancers, choreographers, visual artists, composers, and filmmakers founded in New York in the 1960s that redefined what can be considered dance. The performances of the Judson Dance Theater encompassed everyday movements and gestures, taking up the structures of games, simple tasks and social interactions. Spontaneity and unconventional compositional methods were emphasized. With its cross-genre approach, which sees itself as a physical approach and physical experience of art, dance and minimal music, Judson Dance Theater shaped the “fluid” approach that is essential for our current understanding of performance art. Daniela Georgieva is interested in movement derived from everyday life and based on improvisation as a striving for freedom and diversity in a dance that makes “common” movement patterns conscious. She further develops the minimal narrative language associated with Judson Dance in her own dance-choreographic work and places an increased focus on the relativity of body and space. The approach of the body to its surroundings is matched by other elements such as objects, light, sound and voice. Collage, fragmentation, loosely structured scores, chance and spontaneity also characterize quixotic essence of a breath of movement / 1×3. “1″ stands for the body, “x” is space, and “3″ is object, music and language. But “x” also means the place where all elements meet.
Six dancers interpret movement patterns of walking, jumping and meeting. Their performance, which is always slightly different, can be seen at intervals during the opening hours of NAK. Drawings of the scores and video recordings of the creation process, but also of the “final” piece, are understood in parallel as an invitation to the audience to performatively explore their own movement. The question of the medial transcription of the dance-performative is also raised: What happens beyond the currently visible “performance”, what resonances does the performative generate in space, and how can it be documented?
quixotic essence of a breath of movement / 1×3 unfolds a field of tension between choreographed and everyday movement, between subject and object, spectators and participants, which productively undermines expectations and attributions in order to activate the sensitivity and self-reflection of the spectators.
KUNST UND TANZ UNTER BÄUMEN
Rheinische Post, Clemens Henle
16. August 2020
Jahrelang war der Lantz’sche Park in Vergessenheit geraten. Knapp über den Köpfen bretterten mit ohrenbetäubendem Lärm Flugzeuge im Minutentakt auf die nahe Landebahn zu. Doch in der Hochzeit der Corona-Pandemie kehrte fast wieder Ruhe rund um das klassizistische Herrenhaus ein. Und nur langsam werden die Flugbewegungen wieder mehr.
Da lag es für die Kunstkommission Düsseldorf nahe, dieses wenig bekannte Kleinod eines Parks wieder bekannter zu machen. So kuratiert Kunsthallen-Chef Gregor Jansen einen höchst sehenswerten internationalen Skulpturenpark in Lohausen. Bereits in den 1970er Jahren hatte hier der Galerist Alfred Schmela einige Skulpturen aufstellen lassen, unter anderem von Erwin Heerich.
In Rahmen der Ausstellung wird der Park am Samstag, 22. August, mit der Tanzperformance „Gehen, Springen, Begegnen“ der Düsseldorfer Künstlerin und Choreographin Daniela Georgieva bespielt – zwischen Arbeiten von Martin Pfeifle, Rita McBride und Kenneth Capps. Zwei Tänzerinnen und ein Tänzer interpretieren darin Bewegungsmuster des Gehens, Springens und der Begegnung.
Schon seit einiger Zeit setzt sich Georgieva mit dem „Judson Dance Theater“ auseinander. Dieser Zusammenschluss von Tänzern, Choreografen, Komponisten und Künstlern bestand zwar nur von 1962 bis 1966, hatte aber großen Einfluss auf den zeitgenössischen Tanz und Video- sowie Performancekunst. Einige herausragende Künstler, die zum Judson-Dunstkreis gehörten, waren unter anderem die Videokunstpionierin Carolee Schneemann, die Choreographin Yvonne Rainer oder der Wegbereiter der Pop-Art, Robert Rauschenberg.
Die Performances des „Judson Dance Theater“ umfassten alltägliche Bewegungen und Gesten, griffen die Strukturen von Spielen, einfachen Aufgaben und sozialen Interaktionen auf. Spontanität und unkonventionelle Kompositionsmethoden wurden betont. Mit seinem gattungsübergreifenden Ansatz, der sich als körperliche Annäherung und physische Erfahrung von Kunst, Tanz und Minimal Music versteht, prägte das „Judson Dance Theater“ jenen fluiden Ansatz, der für das gegenwärtiges Verständnis von Performancekunst wesentlich ist.
„Ich spüre den Geist von Judson in mir, es fühlt sich nah an“, sagt Georgieva. Denn auch die Düsseldorferin legt sich, wie der interdisziplinäre Zusammenschluss aus New York, nicht auf eine Sparte fest. An der Kunstakademie studierte sie in der Malereiklasse von A. R. Penk, macht unter dem Pseudonym „Pony“ elektronische Musik, und seit einigen Jahren ist sie eben auch als Choreographin tätig. „Ich mache seit 2016 Tanzperformances, mein erstes Stück, bei dem ich auch selbst getanzt habe, wurde bei ‚Image Movement‘ in Berlin aufgeführt“, sagt Georgieva. Danach folgten weitere eigene Solostücke und mit „Ein Abend für Tanz / Vierx1“ in der Berger Kirche im vergangenen Herbst die erste Arbeit, in der sie nicht selber auf der Bühne stand.
Mit dem Judson Dance Theater beschäftigt sich die gebürtige Bulgarin schon seit einiger Zeit im Rahmen eines Recherchestipendiums der Kunststiftung NRW. „Das Judson ist Inspiration für mich, ich will Neues entdecken und den Geist wieder aufleben lassen“, erzählt Georgieva in einem hauchzarten Wiener Akzent. Nach einigen Jahren als Kind in Wien zogen ihre Eltern zurück nach Bulgarien, dort lernte sie als Jugendliche bulgarische Volkstänze. Der Traum, auf eine Schauspielschule zu gehen, ging nicht in Erfüllung, dafür studierte sie bildende Kunst.
„Mit den Tanzperformances und der Choreographie komme ich jetzt zu dem zurück, was ich bin“, sagt Georgieva. Dabei ist Georgieva keine echte Autodidaktin. Sie hat in den vergangenen Jahren an diversen Tanzworkshops teilgenommen, darunter auch bei der Wiener Choreographin Doris Uhlich. „Das war wahnsinnig fordernd aber auch sehr bereichernd“, sagt Georgieva.
Im Lantz’schen Park werden die drei Performer sich erst einzeln bewegen. So kann sich der Zuschauer mit den Performern vertraut machen und sich frei durch den Skulpturenpark bewegen. Erst zum Schluss der dreistündigen Aufführung werden die Performer um die Kapelle im Park zusammen kommen. „Die Zuschauer sollen ganz in Ruhe die Bewegungsqualität der Performer erkunden“, sagt Georgieva. Ganz im Sinne des „Judson Dance Theaters“ interessiert die Choreographin eine aus dem Alltag abgeleitete, auf Improvisation basierende Bewegung und ihre Wiederholung. Sie entwickelt diese minimale Erzählsprache in ihrer eigenen tänzerisch-choreografischen Arbeit und setzt so den Fokus verstärkt auf das Verhältnis von Körper und Raum. Zum Herantasten des Körpers an seine Umgebung korrespondieren die Skulpturen und die Bäume des Parks. Die Konzentration auf die repetitiven Bewegungen wird durch das Fehlen einer musikalischen Begleitung noch gefördert. Der Soundtrack von „Gehen, Springen, Begegnen“ ist das vom Kreischen der Flugzeuge unterbrochene Vogelgezwitscher oder das Rauschen der Bäume.